Verhängnissvolle Begegnung


Leise huschte ein Schatten durch die Nacht. Kein Knacken von Holz verriet seine Schritte, und obwohl er auf trockenem Laub lief, hörte man kein Geräusch. Die Dunkelheit hüllte ihn ein und schützte ihn vor seinen Feinden. Trotzdem mußte er vorsichtig sein. Garou waren hier irgendwo gesehen worden und er wollte ihnen kein zweites Mal begegnen. Langsam tauchte der Stadtrand vor ihm auf. Er beschloss, die Form des Panthers abzustreifen und wieder die menschliche Form anzunehmen. Langsam wurde die Gestalt größer. Die Pfoten formten sich zu Händen, die Hinterbeine zu Füßen. Die Nase wurde schmaler und länger, daß Fell langsam weniger.
Nur noch sachter schwarzer Flaum bedeckte den Körper des Gangrels, und als die Wandlung abgeschlossen war schritt er zögernd auf Aachen zu. Er hasste die Zivilisation, war viel lieber im Wald. Doch die Garou wollten ihm diese Freiheit nehmen und er wollte lieber sterben denn auf die Natur verzichten. Sicher, auch in der Asphaltwelt gab es Bäume und Hecken, aber nichts konnte dieses Gefühl von Freiheit so widerspiegeln wie das Gefühl seiner blanken Füße auf Waldboden. Seufzend machte er sich auf den Weg. Er hatte von seinen Kontakten bescheid gekriegt, daß seine Liebste wieder da war, und er wollte sie wiedersehen.
Er lief schneller, gerade so als befürchtete er, sie könne in nächsten Moment verschwunden sein. Er hatte sein Handy in seiner Zuflucht gelassen, - was brauchte er auch Technik, wenn er ein Panther war? Außerdem hatte man ihm freigestellt, wann er wieder mit der Arbeit begann, - schließlich hatte ihn dieses Wolfspack schwer verletzt. Ja, er und die Assamitin hatten von einem Werwolf gesprochen,- schließlich wollte man Aachen nicht beunruhigen. Das sie aber eigentlich gegen drei gekämpft hatten und sich immer noch nicht sicher waren, warum die anderen beiden sie beide nach dem Tod ihres Kumpanen nicht in Stücke gerissen hatten, hatten sie es lieber für sich behalten.
In der Stadt fiel ihm eine Person in einem dunklen Kaputzenumhang auf, die Kaputze tief ins Gesicht gezogen. Missmutig bewegte er sich darauf zu. Sein Job war es in Aachen für Ordnung zu sorgen, und Lale hatte schon genug Probleme. Außerdem hatte man Huntergerüchte gehört und wer wußte schon was sich hinter diesem dunklen Stoff verbarg? Die Hände fest in den Taschen, die Muskeln bis aufs Äußerste gespannt, sprach er sein Ziel freundlich an. "Guten Abend, ich bin Mori Ika. Ich sorge hier für Ordnung und aufgrund des Ausnahmezustandes hier in der Stadt dürfte ich sie doch bitte um ihren Ausweis bitten" "Natürlisch," die Stimme war weiblich, hell, klar und hatte einen deutlich französischen Akzent. Und sie jagte dem Gangrel kalte Schauer über den Rücken. Wo hatte er diese Stimme nur schon mal gehört?
Die Person vor ihm griff unter den Umhang und gab ihm das gewünschte Stück Papier. Er warf einen Blick darauf und ihn überkam das seltsame Gefühl, daß alles in Ordnung sei. Meredith S. Kingston. Nie gehört. Aber das Foto wollte ihn an etwas erinnern, doch er konnte sich nicht konzentrieren. "Kannisch meine Ausweiss wieder `aben Monsieur? Oder ist etwas nischt in Ordnung?" Diese Stimme! Er wollte, er musste ihr Gesicht sehen. Nur schwer unterdrückte er den in ihm aufsteigenden Impuls ihr die Kaputze vom Kopf zu reissen. Er musste die Maskerade bewahren, durfte keinen Ärger machen. Oder der Rat würde ihn aus der Stadt jagen. Mühsam beherrscht gab er der Frau ihren Ausweis zurück. "Nun, Miss Kingston. Darf ich sie bitten ihre Kaputze einmal abzuziehen? Ich möchte doch gern sehen ob sie das auf dem Ausweis auch wirklich sind. "Natürlisch" Die Frau griff an die Kapuze und klappte sie nach hinten. Dickes rotgelocktes Haar fiel von ihrem Kopf aus auf die schmalen Schultern. Ihre meerblauen Augen sahen ihn unschuldig an. Ihr Mund war zu einem leicht spöttischen Lächeln verzogen. "Nun Monsieur, `haben sie sisch nun von meine Schön`eit überzeugt?"
Mori starrte sie an. Nein er hatte sie noch nie gesehen. Und doch schrie eine Stimme in seinem Inneren, daß er diese Person kannte. Kennen musste! "In Ordnung. Vielen Dank Miss Kingston. Ich wünsche ihnen einen guten Aufenthalt in Aachen." Er wandte sich ab um zu gehen. "Oh Monsieur, bitte - isch kenne mich nicht aus `ier in diese Stadt. Würden sie misch bringen auf die, - wie sagt man? - Market Platz? Der Gangrel knurrte leise. Dann beherrschte er sich. Sah er aus wie ein Touristenführer oder was? Dann aber sagte er sich, daß es nicht schadete, - schließlich lag das Zentrum von Aachen sowieso auf seinem Weg. "Aber klar Miss."
Schweigend gingen sie ein Stück des Weges gemeinsam. Am Elisenbrunnen schließlich griff die rothaarige Schönheit das Wort wieder auf. "Kann isch sie nischt einladen auf eine Kaffee in die Stadt?" Ihr Lächeln war umwerfend, und Mori fühlte sich magisch angezogen von der zierlichen Sterblichen. Er nickte ergeben. Würde seine Gefährtin eben noch einen Augenblick warten müssen. Sie nahmen in einem Café in der Nähe des Marktes platz und er bestellte einen Kirschsaft. Damit würde zumindest die Farbe stimmen und er konnte es hoffentlich lange genug drinhalten, daß er es den Leuten nicht über den Flur kotzte. Die Frau sah ihn an. Immer noch trug sie den Umhang der ihren Körper verhüllte, doch von Minute zu Minute störte Mori das weniger. Diese Augen! Sie schienen ihn zu hypnotisieren. Sie hüllte ihn in ein Gespräch und er fühlte sich wie auf Wolken. Sein Gehirn schien ausgesetzt zu haben, doch das kümmerte ihn nicht weiter. Erst als die Müdigkeit ihn zu übermannen drohte, stand er von seinem Platz auf. Sein Kirschsaft stand unbenutzt auf dem Tisch. "Tut mir leid Miss, aber ich muß jetzt gehen. Ich glaube, ich werde krank." Er fühlte sich schwach und er schwankte leicht, als er sich vom Tisch entfernte. "Bis morgen mon cheri!" Die Dame selbst schien es nicht eilig zu haben. Mori schafte es grade eben seine Zuflucht zu erreichen. Sein letzter Gedanke galt der seltsamen Person auf dem Markt. War er nicht eben erst aufgestanden?....
Als er am nächsten Morgen erwachte fühlte er sich furchtbar. Sein Kopf schien explodieren zu wollen und seine Glieder brannten, als sei er den ganzen Tag durch die Sonne spaziert. Für einen Moment wußte er nicht mal wo er war, - dann erkannte er die alte Bahnhofshalle in der er häufiger übernachtete, wenn er sich unbeobachtet fühlte. Diesmal war ihm jedoch schleierhaft, wieso er sich nicht in den Wald zurückgezogen hatte. Schließlich war das in den letzten Wochen auch sein Zuhause gewesen. Überhaupt, - Wie war er denn hier hingekommen? Er konnte sich nur noch bruchstückhaft an die letzte Nacht erinnern. Er war auf dem Weg zu seiner Liebsten über eine seltsame Französin gestolpert und hatte mit ihr den Abend verbracht. Und egal was er auch machte, er hatte immer noch das Gefühl sie zu kennen. Nichts desto trotz, es war Zeit seine Gefährtin wiederzusehen. Sie hatte sich bestimmt schon gefragt wo er war und warum er nicht ans Telefon ging. Ach ja, sein Handy. Das lag immer noch in seiner Zuflucht. Aber schließlich konnte er sich auch später noch um die Anrufer kümmern. Meredith wartete. Meredith? Noch ehe er den Gedanken aussprach überkam ihn das gleiche seltsame Glücksgefühl, daß er schon gestern Nacht in ihrer Nähe gespürt hatte. Was war nur mit ihm los? Seine Gefährtin hieß Nitro und er liebte sie. Was ging ihn da diese blöde Französin an? Nachdenklich schlich er Richtung Innenstadt. Er konnte sich später noch damit herumschlagen. Jetzt war es erst mal wichtig seine Gefährtin wiederzusehen.
"Guten morgen Mori!" Die Stimme ging ihm durch Mark und Bein. Sie schien hier auf ihn gewartet zu haben, - wie sonst war zu erklären, daß er ihr schon wieder über den Weg lief? "´ast du gut geschlafen?" Immer noch in Gedanken sah er sie an. "hmmh.." brummte er mürrisch. "Wenn sie nichts dagegen haben, ich bin momentan etwas in Eile..." Er wandte sich ab und setzte seinen Weg fort ohne sie noch eines Blickes zu würdigen. "Oh ich kann dass versstehen," die junge Frau lächelte "die Liebe `ält `erz und Seele gesund nischt?" Mori drehte sich abrupt zu ihr um. Was wußte sie schon? Und doch, auch wenn er sauer auf sich selbst war, daß er sich gestern Nacht von ihr davon hatte abhalten lassen seine Liebste wiederzusehen, so konnte er doch nicht verhindern, erneut ihrer Faszination zu erliegen. "Ja. Und ich würde sie gern wiedersehen."
"Oh du kannst sie immer sehen. Aber nischt `heute. Du mußt mir noch zeigen gute Plätze für junge Menschen in Aachen" Meredith kam auf ihn zu und legte ihre Hand auf seine nackte Schulter. Er schüttelte sie mürrisch ab. "Hören sie Miss, ich bin kein Touristenführer und sie haben mir schon genug meiner kostbaren Zeit gestohlen. Außerdem kann ich mich nicht erinnern ihnen das Du angeboten zu haben." "Oh cherie, weißt du denn gar nischt mehr was gestern gewesen ist mit uns beide?" Ihr Tonfall fiel von charmant ins Spöttische. "Was soll schon gewesen sein? Wir haben in einem Cafè gesessen und geredet." Es gefiel ihm ganz und gar nicht, wie diese Person mit ihm umging. "Hmmh.. und auf dem `eimweg nach `ier? Was `ast du `ier mit mir getan?" Sie zwinkerte ihm auffordernd zu. Mori knurrte wieder. "Ich habe gar nichts mit ihnen getan. Und jetzt lassen sie mich in Ruhe!" Innerlich war er längst nicht so ruhig wie er tat. Was wollte sie von ihm? Und was zur Hölle war gestern passiert? In der Tat wußte er nicht mehr, wie er nach hier gekommen war, geschweige denn was er getan hatte. Jedenfalls war er fleischlichen Genüssen überhaupt nicht mehr angetan. Das war lange her. Und doch. Irgendwie hatte er das seltsame Gefühl als habe diese Person eine Seite in ihm aufgeweckt, die er verzweifelt zu vergessen versuchte. Wenn er nur wüßte was sie von ihm wollte. Sie konnte doch unmöglich wissen wer er war. Oder vielmehr was. Oder doch?
Immer noch ein Lächeln auf den Lippen kam sie näher und legte ihre Arme um ihn. Ihre Augen schienen in seine Seele sehen zu wollen und er spürte jede Abwehr schwinden. Er hatte Fälle von Beherrschung und auch die Fähigkeiten der Toreador kennengelernt, mit der sie sich Aufmerksamkeit schafften und sich in der Gesellschaft unentbehrlich machten. Das hier war ihm neu. Er fühlte sich wie gelähmt und merkte mit Entsetzen wie sie ihn küsste. Dann versank seine Erinnerung im Nichts...
Es war dunkel. Immer noch. Sie lagen engumschlungen in einem Bett das er nicht kannte. In einem fremden Zimmer. Einem Raum der kalt und steril auf ihn wirkte, ebenso wie die Frau neben ihm. Immer noch hatte er das Gefühl in Nebel zu versinken. Verzweifelt versuchte er klare Gedanken zu fassen, versuchte sich zu erinnern wie er hier herkam und wo sie waren. Doch er konnte tun was er wollte, irgendwas schien ihn an diesem Vorhaben hindern zu wollen. Leise schob er die Frau aus seinen Armen. Sie schien zu schlafen und es war eine günstige Gelegenheit sich endlich aus ihren Krallen zu entfernen. Nitro. Er mußte sie wiedersehen. Musste mit ihr darüber reden was mit ihm los war. Musste ihr erklären warum er nicht längst bei ihr aufgetaucht war. Sicher hatte auch schon das Primogenat versucht zu erreichen. Er musste zu seiner Zuflucht und das Handy holen.
Er schlug die Bettdecke zurück und erstarrte. Wo waren seine Klamotten? Und verdammt was war passiert? Langsam begann er an seinem eigenen Verstand zu zweifeln. Er konnte, er wollte nichts mit dieser Frau gehabt haben. Vorallem nicht weil es ihn seit Jahren schon absolut kaltließ. Er sah sich im Zimmer um. Seine Kleidung war nirgends zu sehen. Dann eben nicht. Er schlich zur Tür, öffnete sie einen Spalt und sah sich erneut zu der Französin um. Immer noch hatte sie die Augen geschlossen. Gut. Sekunden später huschte ein schwarzer Schatten durch die Tür und lief im Dämmerlicht des Hotelflurs zum Ausgang. Er brauchte nur ein paar Minuten um zu erkennen wo er war. Wenn er daran dachte wer ihn hier alles gesehen haben könnte, lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken. Dennoch, das war jetzt zweitrangig. Wenn er nur Nitro alles erklären konnte. Die erstarrten Gesichter im Flur störten ihn nicht und das Geschrei der Thekenschlampen an der Information hörte er kaum noch. Mit einem gewaltigen Satz sprang er durch die Sicherheitsglastür im Foyer und lief davon. Er würde vermutlich später einigen Ärger mit dem Ventrue Primogen bekommen, vorallem wegen Bruch der Maskerade. Aber er hatte im Moment weit mehr Ärger am Hals, und dem wollte er so schnell wie möglich entkommen.
Er rannte und rannte, und obwohl er in seiner Tierform um einiges schneller lief als ein Mensch, so hatte er doch das Gefühl, daß er ihr trotzdem nicht entkommen war. In der Nähe seiner Zuflucht sah er sich lange um, bevor er in einem Gebüsch verschwand und sich wieder in einen Menschen verwandelte. Es hatten ihn auf dem Weg nach hier einige Leute gesehen, aber zum Glück war keine Massenpanik oder etwas ähnliches abgelaufen. Wahrscheinlich waren sie eh alle mit sich selbst zu sehr beschäftigt. Aufatmend betrat er seine Zuflucht. Es war ein kleiner Raum im Tierpark, der früher mal als Voliere, später dann als Futterkammer und inzwischen wegen seinem Zustand nicht mehr benutzt wurde. Als Mori ihn gefunden und beobachtet hatte, fand er heraus, daß sich scheinbar niemand mehr für das Gemäuer interessierte. So hatte er das Gerümpel daraus entsprechend aufgestapelt und sich damit einen Wall gebaut, der ihn vor ersten Blicken schützte. Und falls sich jemand näherte wenn er nicht da war, so hatte er inzwischen genug Tiere, die dann der Person so viel lautstarke Aufmerksamkeit schenkten, daß sie von alleine kehrtmachte. Er hatte es von innen mit schwarzer Folie verdichtet, damit auch ja kein Sonnenstrahl durch die alten Fenster oder Ritzen im Dach schien. Alles in allem lebte er jetzt schon eine gute Weile hier und die Kainiten in Aachen schienen sich nicht dafür zu interessieren. Als er eintrat spürte er, daß jemand hiergewesen war. Vögel der Umgebung flatterten aufgeregt vor ihm her und eine kleine Wildkatze, die ihm oft Gesellschaft leistete beschrieb ihm schließlich Nitro. Sie war also hier gewesen. Sie hatte ihn gesucht. Aber das hatte er ja schon geahnt. Sie war die einzige die diesen Ort kannte und die einzige Person die seine Tiere duldeten. Er griff nach seinem Handy und fand eine Notiz: "Hallo Schatz, ich vermisse dich. Meld dich doch mal, ich mache mir Sorgen, Nitro." Er seufzte. Ja es war Zeit sie wiederzusehen. Und diesmal würde keine Frau der Welt ihn davon abhalten, schwor er sich. Er schaltete das Handy an. Es piepte kurz, er nannte seinen Pin und das Handy gab frei. Dann bekam er eine Menge Sms Nachrichten, zwei davon von Luka, und drei weitere von Nitro selbst. Außerdem gab es noch eine Menge Anrufe, die er nicht entgegengenommen hatte und die jetzt auf der Mailbox eine Nachricht hinterlassen hatten. Egal. Darum würde er sich später kümmern. Er wählte ihre Nummer. Es piepte kurz und das Display erlosch. Verdammt was war das denn jetzt? Fluchend warf er das Handy in die nächste Ecke. Dann würde er sie eben suchen gehen. Missmutig machte er sich auf den Weg. Na die Nacht fing ja wieder mal herrlich an. Diesmal mied er die Innenstadt so gut er konnte. Er beschloss erst einmal bei Luka vorbei zu sehen. Dort würde sie sicher nach ihm gefragt haben, außerdem hatte ja auch Luka auf seinem Handy angerufen. Einen Moment überlegte er, wieder in die Wolfsform zu fallen, aber dann dachte er an die Maskerade und wollte Robin nicht ein zweites Mal herausfordern. Eines dieser Vergehen würde man ihm vermutlich verzeihen, aber kein Zweites.
Er war schon fast am Schloß Rahe, als er instinktiv kehrt machte. "Komm" schien eine Stimme ihm zuzurufen. Und einen Moment zögerte er. Dann schüttelte er die Benommenheit ab. "Komm mein Liebster." Wieder dieses Flüstern. Und wieder diese Macht, die ihn magisch anzuziehen wußte. "ich brauche disch Liebling" Er drehte sich um und rannte Richtung Stadt. Sie hatte gewonnen.
Später wußte er selbst nicht mehr so genau wie er in das Café gekommen war, in dem er sie getroffen hatte. Er wußte nur, daß irgend etwas mit ihm nicht stimmte. Irgendwas war mit ihm passiert, seit er sie kannte. Er schien alles andere zu vergessen, ja alles schien unwichtig zu werden neben ihr. Und jetzt saß er wieder mit ihr Händchen haltend hier an diesem Tisch und konnte sich ihrem Charme nicht entziehen. Was war nur los mit ihm? Er mußte mit ihr reden. Er wollte nicht länger ihr willenloser Sklave sein, der tat was sie wollte und erschien wann immer sie nach ihm rief.
Heftig entzog er ihr seine Hand. "Verdammt, ich will das nicht. Wer bist du? Was willst du von mir? Und was zum Teufel machst du, daß ich mich so zu dir hingezogen fühle?" seine Stimme überschlug sich fast. Erst als er alle blicke des Cafés auf sich gerichtet fühlte duckte er sich ein wenig und wurde leiser. Die Französin, die bis dahin gelächelt hatte, wurde nun ernst. "Mach nicht so eine Aufstand cherié. Ich `abe gar nischts mit disch getan." Ihre Stimme wurde leiser und sie verlor plötzlich den Akzent: "Aber wenn du dich weiter so gegen mich wehrst, dann werde ich mir deine Freundin vorknöpfen" Mori starrte sie grimmig an und knurrte leise. Die Schlampe konnte froh sein, daß sie hier in der Öffentlichkeit waren. Niemand, wirklich niemand griff ihre Freundin so öffentlich an. Sie verzog keine Miene. Und plötzlich spürte er wieder den Nebel, der ihn einzulullen versuchte. Er nahm ihre Hand unter dem kleinen Bistrotisch und verdrehte sie schmerzhaft. Der Nebel verschwand. Statt dessen funkelten ihre Augen böse. Erneut überkam ihn das Gefühl, diese Person zu kennen. Dennoch fiel ihm nicht ein woher. Meredith stand auf und reichte ihm ihre Hand. "Komm mit cherié. Wir werden machen eine Spatziergang. Isch werden disch erzählen eine kleine Geschichte." Er stand ebenfalls auf, schlug aber ihre Hand von sich. "Ich werde mit dir nirgendwo hin gehen. Ich werde jetzt endlich Nitro suchen gehen. Schließlich wartet sie schon lange genug auf ein Lebenszeichen von mir." Sie lachte laut. "Oh cherié ´ast du es denn immer noch nischt kapiert? Unsere Weg ist miteinander verbunden. Es ist wichtig das du dir diese Geschischte an´örst, - und glaube mir, sie wird disch interessieren." Mori unterdrückte ein erneutes Knurren. Er ging zu Theke, bezahlte die Getränke und verliess das Café. Diesmal würde ihn nichts abhalten. Keine Geschichte der Welt konnte wichtiger sein als seine Liebste.
Er hörte wie sie wütend aus dem Café gestolpert kam, aber er drehte sich nicht zu ihr um. Sie fluchte irgend etwas auf französich und schrie dann ein einziges Wort hinter ihm her. "Lillith." Er stoppte. Der Name. Er war so selten, daß kaum jemand ihn offen aussprach. Und Sterbliche, die die Sage von Kain, Abel und Lillith nicht kannten erst recht nicht. Das konnte nur eins bedeuten. Sie hatte Lillith James gekannt.
Er drehte sich zu ihr um. Zum ersten Mal hatte sie ihren Umhang ausgezogen. Das dünne silberne Kleid flatterte im Wind. Im Haar trug sie einen silbernen Haarreif und vor ihr Gesicht streckte sie ihre linke Hand Fächerförmig von sich. Er erschrak. Er kannte diese Person in der Tat. Und ja, sie hatte Lillith gekannt...
Sie hatte sie getötet...